Donnerstag, 4. Mai 2017

KUNST und Terror

Text zum Video "KUNST und TERROR | Welt verändern mit KUNST | Sinnfrage" (04.05.2017)

Kunst als Anspruchshaltung – und mit dieser Anspruchshaltung "Kunst" andere Dinge tun, als nur Kunstwerke schaffen. Dinge, die bedeutender sind als Kunstwerke. Damit man sich in unruhige Zeiten (mit Terror, Flüchtlingskrise, Rechtsruck in der Gesellschaft, Sorge vor dem Zusammenbruch der EU und Krisenherden weltweit wie Syrien, Nordkorea und der Ukraine) als Künstler nicht überflüssig fühlt.



💥Kann Kunst etwas ändern?💥

"Hi Leute! Dies ist jetzt wohl das ernsteste Video, das ich bisher gemacht habe. Es heißt „Kunst und Terror | Welt verändern mit Kunst? | Sinnfrage“ und es geht darin, um all die schlimmen Dinge, mit denen einige grausame Menschen uns normalen Leuten das Leben auf dieser eigentlich doch so schönen Welt zu Leid machen und zerstören wollen:  Es geht um Terror, Krieg und unser aller Verantwortung. Und vor allem darum, wie sich für mich als Künstler alles verändert hat, seit die Weltlage so angespannt ist.
Ihr werdet euch jetzt vielleicht fragen, was soll meine Aufmachung und vor allen Dingen, was soll dieses Bild hinter mir, das Angela Merkel in den Fängen eines IS-Schlächters zeigt und im Hintergrund ganz viele anströmende Flüchtlinge. Es bildet all die Probleme ab, mit denen wir zur Zeit auf der Welt kämpfen. Putin, Trump und Erdogan sind dabei noch ganz außer Acht gelassen. Manche meinen ja sogar, ein dritter Weltkrieg steht kurz bevor.
Und in Anbetracht all dessen will ich euch fragen: Glaubt ihr wirklich, dass ich mit diesem Bild irgendwas verändern kann? Glaubt ihr wirklich, dass Kunst irgendetwas in der Welt verändern kann? Zum Besseren wenden kann? Dann lasst euch das mal aus der Künstlersicht schildern.

Tiefe Betroffenheit 😢😢😢

Denn wenn irgendwo auf der Welt etwas Schreckliches passiert, wie in Paris, Nizza, Berlin, London oder Stockholm, also ein Attentat in meinem näheren Umfeld, auf Angehörige meines Kulturkreises, dann ist mein erster Gedanke nämlich nicht „Oh ja, jetzt ist mein Zeit endlich gekommen, mich als Künstler unter Beweis stellen zu können! Endlich gebraucht zu werden! Endlich anderen Leuten helfen zu können!“, wie es vielleicht sein sollte, sondern im Gegenteil: Ich fühle mich auf einmal ziemlich nutzlos.
Dann ist das erste, was ich empfinde, leider auch nicht Mitleid für die vielen unschuldigen Opfer und Verletze, die einfach zu falschen Zeit am falschen Ort waren, für deren Familie und Angehöre, sondern ich fühle mich als Künstler auf einmal einfach nur nutzlos und habe vor allem Angst um mich selbst. Ob ich weiter von Bedeutung sein werde. 
Ich bin zwar in Wirklichkeit auch nicht nutzloser als zum Beispiel Banker, oder Büroangestellte, Werbefachleute, Verkäufer oder was auch immer. Aber ich fühle mich mit meiner Entscheidung Künstler zu sein, Künstler geworden zu sein, in dem Moment zigmal nutzloser als alle anderen. Weil die Entscheidung, Künstler zu sein, ja schon mit dem Glauben daran zu tuen hat, dass Kunst das Größte ist. Dass ich mich mit Kunst für ein anderes, besseres, anspruchsvolleres, intensiveres Leben entschieden habe und ich Künstler geworden bin, weil ich mir davon versprochen habe, mehr damit erreichen zu können als andere.
Aber wie es wirklich ist, merke ich, wenn irgendwo auf der Welt etwas schreckliches passiert und ich als Künstler daran nichts ändern kann. Ich fühle mich als Künstler mit meiner Kunst in dem Moment, dann so dermaßen nutzlos, weil das Gefälle so groß ist zwischen meinem hohen Ideal von Kunst und dem, was ich als Künstler und mit Kunst tatsächlich erreichen kann.

Falsche Bedeutung von Kunst

Vor allem aber hängt das damit zusammen – und dafür kann ich nun wirklich gar nichts –, dass sich über die Jahrzehnte hinweg die Bedeutung von Kunst völlig verzerrt hat, dass das, was meiner Meinung nach die wahre Bedeutung von Kunst ist, verloren gegangen ist, und heute unter Kunst nur noch das Kunstwerk oder der Kunstgegenstand verstanden wird und heute wirklich der Höhepunkt dieser Entwicklung erreicht ist, weil Kunst heute nur noch entweder das künstlich aufgebauschte Ausstellungsobjekt oder das extrem überteuerte Verkaufsobjekt ist.
Diese Nutzlosigkeit hindert mich daran, weiter kreativ zu sein. Kreativ in einer Art und Weiße, wie andere es von Künstlern erwarten, nämlich herkömmliche Kunstwerke zu produzieren.
Überhaupt ist doch in der Zeit, in der wir Leben, die Geschwindigkeit, mit der sich Dinge ereignen und die Welt sich verändert, viel zu groß geworden, als dass man mit Kunst noch auf irgendwas reagieren könnte – außer auf Trump. Und das finde ich oft ziemlich albern, um ehrlich zu sein.
Ich hätte niemals gedacht, dass ich jemals mit Überzeugung so ein Stammtisch-Parole loslassen würde: Aber während man heute noch an einem Kunstwerk arbeitet, kann morgen schon der nächste Terrorschlag passieren. Und das glaube ich wirklich.
Meine Angst geht sogar soweit, dass ich echt nicht, weiß, ob es in diesem Jahr eine besonders gute Idee ist, auf solche Kunst-Großereignisse, wie die Documenta, die Skulptur-Projekte in Münster oder die Biennale in Venedig zu gehen, weil ich sie für optimale Anschlagsziele halte.
Im März erst haben italienische Ermittler eine Terrorzelle in Venedig hochgehen lassen.
Stellt euch doch einfach mal vor, Attentäter würden es tatsächlich schaffen Maschinengewehre auf die Biennale von Venedig einzuschleusen. Die müssten dann einfach nur von einem Pavillon zum nächsten laufen, die grenzen ja direkt aneinander und, wenn man drin ist, ist man eingekesselt, losfeuern und würden mit Sicherheit auf einen Schlag ein paar hundert Leute erwischen – am Eröffnungstag wahrscheinlich noch mehr.

🏃🏃🏃Nicht mehr aufhalten lassen!🏃🏃🏃

Deshalb finde ich darf man sich schleunigst nicht mehr länger mit der Herstellung von Kunstwerken aufhalten lassen, finde ich, sondern muss Kunst, und jetzt vergesst einmal bitte alles, was euch bisher bei Kunst so in den Kopf kam, ich werde Kunst im Anschluss gleich neu definieren, sondern muss Kunst verinnerlichen, als Haltung verinnerlichen und damit andere Dinge tuen, als Kunstwerke zu produzieren. Und ich korrigiere mich diesbezüglich auch gerne, was ich in den letzten Videos über meine Kunstformel, über Kunst als Formel fürs Leben gesagt habe: Ellenbogengesellschaft ist, das sehe ich ein, vielleicht gerade nicht das beste Model.
Deshalb sind Kunst beziehungsweise das Beste geben in der Formel „Kunst bedeutet, jeden Tag, das beste aus dem eigenen Leben rauszuholen, um, wenn schon niemand genau sagen kann, was wirklich Kunst ist, zumindest die optimalen Voraussetzung zur Herstellung von Kunst zu schaffen“ vor allem auch bezogen auf das größtmögliche Maß an Selbstreflexion, Fähigkeit zur Selbstkritik, sich selbst zu hinterfragen und Demut. Dadurch wird Kunst, die einem heute ja oft als moralische Instanz verkauft wird, was sie aber beim besten Willen nicht sein kann, für jeden Einzelnen wirklich zu seiner ganz eigenen, individuellen moralischen Stütze.
Einfach indem er durch die Kunst, oder indem er sich an die Formel hält, hohe Ansprüche – auch moralische – an sich selbst stellt, das Recht hat, die gleichen hohen Ansprüche auch an andere zu stellen und allgemein mehr Gerechtigkeit zu fordern.

Dinge einfordern 

Und mit dieser Anspruchshaltung Kunst, der Formel, jeden Tag das Beste aus dem eigenen Leben rauszuholen, um, weil ich ja nicht weiß, was Kunst ist, zumindest die optimalen Voraussetzungen zur Herstellung von Kunst zu schaffen, erlaube ich mir auch mich über all die angeblichen Künstler lustig zu machen, die tatsächlich solche Bilder malen, wie ich es für dieses Video getan habe und trotzdem weiter von der großen Bedeutung ihrer Art von „Kunst“ überzeugt sind.
Und ich erlaube mir auch, um auf das Thema Terror zurückzukommen, genauso auch zu fragen, wo bleibt denn die Solidarität aller verantwortungsbewussten, friedliebenden und fortschrittlichen Muslime, die, wovon ich ausgehe, den Großteil aller Muslime darstellen? Natürlich können nicht alle Muslime etwas für die Anschläge und natürlich darf man nicht alle Muslime unter Generalverdacht stellen, aber von Mitleids- oder Solidaritätsbekundungen, Gottesdienste für die Opfer des Radikal-Islamischen Terrors oder Informationsveranstaltungen seitens der örtlichen Moscheen habe ich leider nichts mitbekommen. Aber mit der Anspruchshaltung Kunst erlaube ich mir genau dies einzufordern.
Versteht ihr, was ich meine? Einfach indem ich durch die Kunst das Beste gebe, kann ich mir auch erlauben mehr von anderen einzufordern, auch wenn ich dafür einen Shitstorm im Netz abbekomme.
Also für die Kunst das Beste geben und dadurch das Gefühl bekommen, Dinge von anderen einfordern zu können, die man sich zuvor nicht getraut hat, statt schüchtern in irgendwelche Bilder oder Skulpturen kaum vernehmbare Botschaften zu packen.
Ein Beharren auf nationaler, kultureller oder religiöser Identität, wie es manche fordern, um sich nicht einschüchtern zu lassen und mit diesem Bewusstsein Kunst machen oder sich mit dem eigenen Kunstschaffen bewusst dagegen zu wenden, bringt meiner Meinung nach hingegen gar nichts. Ich fordere: Kunst als Anspruchshaltung, statt Kunst machen. Und wenn schon unbedingt Kunstwerke machen, dann nur wenn man diese Anspruchshaltung verinnerlicht hat. Also erst wieder Bilder, erst wieder Bücher, erst wieder Lieder, mit denen man sich für irgendetwas einsetzt, wenn man diese Anspruchshaltung, für die Kunst sich selbst optimieren zu müssen, statt für andere Kunstwerke schaffen zu müssen, voll und ganz verinnerlicht hat. Also ganz weit oben muss die Anspruchshaltung Kunst stehen, als oberste Priorität gelten, mit der man jedoch alles machen kann, nicht unbedingt notwendigerweise nur Kunst. Irgendwo ganz weit unten darf dann das Vorhaben stehen, Kunstwerke herzustellen.

🌋Trump-Effekt🌋


© Die WELT
In Anbetracht all dessen, was in der letzten Zeit auf der Welt passiert ist, und ich gehe mal davon aus, dass ich ja nur einen winzigen Bruchteil des ganzen Schreckens mitbekommen habe, das meiste Leid geschieht ja im Verborgenen, gehe ich sogar so weit zu behaupten: Mit Kunst kann und hat man in der Welt noch nie etwas verändern können und wird es auch in Zukunft niemals können. Und wer etwas anderes behauptet als ich, ist total verblendet.
Aber, und jetzt komme ich zum zweiten Teil dieses Videos: aber als Künstler. Mit der Anspruchshaltung Kunst, mit dem Drang Kunst zu machen und mit all den Konsequenzen, die die Entscheidung Künstler zu werden oder die Erfüllung der Bestimmung, Künstler zu werden, auf ein Leben haben. Und das nenne ich den Trump-Effekt. Und bevor jetzt gleich alle aufschreien, gebe ich gerne zu, dass es ein wenig sarkastisch sein mag, den einzigen Weg, auf dem man meiner Meinung nach mit Kunst noch wirklich etwas in der Welt verändern kann, nach Trump zu benennen, aber das hat nur den Zweck meine Theorie zu bebildern. Und Trump eignet sich dazu nun mal eben am besten als Beispiel.
Also die Theorie geht so: Als Künstler mit Kunst im Feld Kunst, kann man nichts erreichen. Das liegt aber nicht am Künstler, sofern er wirklich ein wahrer Künstler ist und nicht bloß jemand, der gut in das System „Kunst“ passt, sondern am Kunst-System, in dem Kunst entweder nur noch „Geldverdienkunst“ ist, oder „Zauberkunst“, schaut euch dazu mein letztes Video an. Und beides geht, wenn wir doch mal ehrlich sind, an der Lebenswirklichkeit der meisten normalen Menschen doch total vorbei.

Zwischen "Kunstverein-Kunst"💤 und "Geldverdienkunst"💸

Aber wenn man als Künstler seinen bisherigen Denkhorizont und sein Wirkungsfeld überschreitet – was ohnehin automatisch passiert, wenn man wie ich Kunst als Formel fürs Leben versteht, als Anspruchshaltung und nicht bloß unter Kunst versteht Kunstwerke zu schaffen – sich selbst sagt, ich bin Künstler, will Künstler sein, deshalb muss ich kreativer sein, besser sein, leistungsorientierter, aufmerksamer, visionärer oder vielleicht auch nur einfach extremer als andere, und mit dieser Anspruchshaltung die unwirkliche Kunstwelt verlässt, außerhalb der Kunstwelt sich wichtigere Bereiche sucht, und darin versucht etwas zu bewegen, dann kann man als Künstler mit Kunst noch wirklich etwas in der Welt verändern.
Daran wird auch deutlich, dass die Kunst an sich ja gar nicht bedeutungslos und wirkungslos ist, und ich das nur ein wenig zugespitzt habe,  sondern nur sich in der Kunstwelt aufzuhalten.
Aber Künstler, der  in den Verdacht gerät in erster Linie so ein Systemkünstler zu sein, ist heute eine völlig überflüssige Stimme in der Welt, hingegen ein Exot, Paradiesvogel, markiger, auf irgendeine Weise herausstechender Typ, der etwas bewegen will und der deshalb heraussticht, um auf Trump zurückzukommen, der diesen Drang besitzt, etwas zu bewegen, was ja im Grunde nichts anderes ist als Kunst, der wird von den Leuten im Gegensatz zum Künstler als notwendig empfunden und sie fühlen sich von ihm repräsentiert, was sie durch Kunst nicht tun. Weil Kunst im Falle von Kunstverein-Kunst viel zu penibel, verkauft und kleinteilig ist. Und im anderen Fall, im Fall der Verkaufskunst, der Künstler zum Hoflieferanten wird der 62 Superreichen der Welt, die zusammen so viel Geld besitzen, wie die halbe Weltbevölkerung.

💖Kunst als Kraft💖

Dabei existiert für mich in Wirklichkeit gar keine Unterscheidung zwischen Künstlern, also echten und nicht bloß nur Systemkünstlern und solchen Führungspersönlichkeiten, oder sagen wir Leitfiguren oder Vorbildern. Meine Definition von Kunst als Formel fürs Leben stellt ja genau diesen Anspruch, Vorbild zu werden, automatisch auch ans Künstler-Sein. Man darf nur als Künstler nicht seine Energie im Feld der Kunst verschwenden. Kunst dürfte gar nicht mehr als eigenes Feld existieren, sondern, und jetzt will ich einmal konkretisieren, unter Kunst müsste man in Zukunft die Denkmuster hinter allem Handeln, alles, was einem im Leben antreibt, alles, was hinter jeder großen Tat steckt, verstehen. Also Kunst als etwas so Grundsätzliches, so grundsätzlich Menschliches, dem Menschen ureigenes, dass Kunst gar kein eigenes Feld sein kann, weil sie in jedem anderen Feld mit drin steckt, weil es in Wahrheit der Motor ist von allem und dass es deshalb der größte, wirklich größte Unfug ist, diesen Energie mit der Herstellung von Kunstwerken zu verschwenden, wo man doch diese Energie in so viele andere Dinge stecken könnte, die wichtiger sind, mit denen man wirklich etwas bewegen könnte, sodass man sich als Künstler nicht mehr nutzlos fühlen muss, wenn etwas Schreckliches in der Welt passiert.

Künstler bei der FDP 😅

Das erste, was ich deshalb als Künstler in der Politik tuen würde, und genau dort sehe ich in Krisenzeiten auch die Künstler, nämlich in der Politik, wäre andere davor zu bewahren, den Weg, nur Kunst zu machen, einzuschlagen. Wenn man sich als Künstler in die Politik begibt, in eine der etablierten Parteien eintritt, ich zum Beispiel bin in die FDP eingetreten, weil die FDP für Menschen ist, die mit ihrer Arbeit etwas bewegen und erreichen wollen, und für eine Politik, die Menschen motiviert, anstatt sie zu bemuttern, dann wird man, davon bin ich überzeugt, auf jeden Fall bei einer Wahl einen Listenplatz bekommen und dann wenn man gewählt wurde etwas verändern können. Weil man als Künstler eine besondere Erscheinung ist.  Diese Theorie mag vielleicht ein wenig überspitzt sein, soll aber verdeutlichen, welche Leute meiner Meinung nach in der Politik gebraucht werden. Und eben diesen Effekt, dass man als besondere Erscheinung mehr Aufmerksamkeit bekommt als andere und dementsprechend auch mehr verändern kann, nenne ich den Trump-Effekt.

Kunst aus dem Drang heraus, etwas Besonderes zu sein...

Man hat als Künstler diesen Drang etwas Besonderes zu sein, der zusammenhängt mit dem Ankämpfen gegen die eigene Depression, der Befreiung von inneren Zwänge, der Befriedigung tiefster innerer Bedürfnisse, die sich wahrscheinlich zurückführen lassen auf irgendein prägendes Erlebnis in der Kindheit oder in der frühen Jugend.  Dieser Zwang, alles einem höheren, abstrakten Ziel oder einer Idee namens Kunst unterzuordnen, hat natürlich auch Auswirkungen auf das eigene Verhalten, Auftreten, die Außenwirkung, das eigene Bild in der Öffentlichkeit.
Kunst ist also eine Anspruchshaltung. Deswegen gibt es ja auch noch Malerei, Bildhauerei, Video und Performance als begriffliche Trennungen. Malerei ist nicht bedingungslos automatisch gleich Kunst. Genauso wenig, wie es Bildhauerei, Video und Performance sind. Es gibt Kunst und es gibt Ausdrucksformen. Kunst im Singular meint aber etwas anderes: eine Art zu Leben. Kunst kann man leben, Ausdrucksformen, wie der Name schon sagt, nicht. Deshalb sollten Künstler auch diejenigen sein, die diese Anspruchshaltung „Kunst“ verinnerlicht haben, alles mit dieser Anspruchshaltung Kunst angehen, aber mit dieser Anspruchshaltung Kunst etwas ganz anderes machen,
Die größten Künstler sind diejenigen, die die Anspruchshaltung Kunst verinnerlicht haben, aber etwas anderes damit machen. Maler oder Bildhauer sind die schlechtesten Künstler. Maler, Zeichner, Bildhauer, Performer, Videokünstler (das gleiche gilt auch für Schauspieler, Musiker, Tänzer und Sänger) sind für Kunstliebhaber da. Künstler hingegen wollen wirklich was in der Welt verändern. Maler, Bildhauer wollen die Leinwand, den Marmorblock gestalten, Künstler wollen die Welt gestalten. Und können als Kollektiv auch wirklich etwas verändern, indem alle mit dem Anspruch jeden Tag das Beste aus dem eigenen Leben rauszuholen, um Kunst möglich zu machen, die Dinge angehen, weil sie alles einem höhere Ideal Kunst unterordnen, dass jeder für sich selbst festlegen kann.

😷Nicht Zahnarzt werden!😷 

Das bedeutet aber nicht, als Künstler Zahnarzt sein oder so, sondern schon sich einen Job aussuchen mit einer gewissen, ich nenne es jetzt mal, Öffentlichkeitswirksamkeit.
Ich zum Beispiel möchte als Künstler gerne Journalist sein oder als Künstler gerne als Journalist arbeiten. Ich könnte meine Journalistentätigkeit mit der Anspruchshaltung, Kunst zu schaffen, angehen und wäre anders als Künstler, die sich im Extremfall ständig nur im Atelier aufhalten, ständig nur mit meinem eigenen Schaffen beschäftigt sind und mit etwas Unwirklichem wie Kunst, mitten drin im Leben, ganz nah dran, an dem, was Menschen bewegt, ganz nah dran an ihren Problemen und könnte so als Journalist / Künstler / Journalist mit der Anspruchshaltung das Beste zu geben, also Kunst zu machen, wirklich etwas in der Welt verändern.

Der erste Schritt, um als Künstler die Welt zu verändern...

Der erste Schritt, um als Künstler die Welt zu verändern lautet also: Man darf nicht den Vorstellungen entsprechen, die andere vom Künstler haben. Es gibt hier auf Youtube ein Video, das ganz gut darlegt, wie diese Vorstellung oder sagen wir besser, diese Vorurteile, aussehen, die andere anscheinend noch immer von Künstlern haben. Ein Comedian, der sich Harry G nennt schlüpft darin in verschieden Rollen, vergleicht verschieden Studiengänge miteinander, von BWL bis Elektrotechnik und stellt immer den stereotypen Vertreter des jeweiligen Fachs dar.


Der Künstler ist darin natürlich der verträumte, abgehobene, illusionierte, der die ganze Zeit davon redet, was angesagt und was nicht angesagt ist, der nichts auf die Reihe kriegt, aber trotzdem hoffnungslos überfordert ist. Ich meine, dieses Video ist natürlich voller Klischees, aber es trifft trotzdem einfach haargenau wofür Kunst und der Künstler in der Öffentlichkeit heute durch die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte stehen. Für Aufgebalsensein, Show und für Inspiration und Eingebung, die irgendwie Nichtstun bedeuten.
Der erste Schritt um es als Künstler zum Beispiel in der Politik zu was zu bringen, lautet also: Andere dürfen nicht merken, dass man Künstler ist. Als besondere Erscheinung wahrgenommen werden darf man schon. Aber nicht als Künstler, denn Künstler ist schon wieder zu abgehoben.
Eine Facette von „besonders“ ist zum Beispiel kreativ.
 Im Fitnessstudio sagen die Leute oft zu mir, wenn sie meine lustigen Tattoos sehen – ich hab zum Beispiel einen Teebeutel tätowiert – und dazu vielleicht noch meine große Brille: „Du machst bestimmt etwas kreatives.“ Wie gesagt, ich gehe davon aus, das liegt an meinen Tattoos und der Brille, oft sagen die Leute aber auch: „Nein, nein, das hat damit gar nichts zu tuen, das spürt man einfach.“ Jedenfalls denken, die Leute oft, wenn sie mich sehen, ich mache bestimmt etwas Kreatives, und das empfinde ich als großes Kompliment. Denn: Kreativität beinhaltet Kraft, wohingegen Kunst machen noch immer irgendwie was Unreelles hat, etwas, das man nicht fassen kann, vielleicht auch etwas Betrügerisches, auf jeden Fall etwas, das man nicht mit harter Arbeit erreichen kann.
Lustigerweiße habe ich bei allen Gedanken, die ich mir bisher über Kunst gemacht habe, am wenigsten darüber nachgedacht, wie sich für Leute, das Bild, dass sie von mir haben ändert, wenn sie erfahren, dass ich Künstler bin. Ich meine: Nehmen Sie mich dadurch weniger ernst? Wegen all dem wofür Kunst steht? Weil Sie Künstler nichts ernst nehmen können? Weil Kunst etwas so merkwürdiges ist? Wofür steht Kunst denn heute in der Gesellschaft überhaupt? Für andere Leute,
und ich versetze mich jetzt einmal hinein in Leute, die Kunst bloß konsumieren, die in Kunstausstellungen gehen, Kunstvereine besuchen,also nicht für die, die selbst Kunst machen. Wofür steht Kunst für diese Leute?
In erster  Linie denke ich doch irgendwie für Glamour, Show und dann noch eine Art  Freizeitbeschäftigung, eine Art Ausgleich. Leute, die nicht Künstler sind, konsumieren Kunst in ihrer Freizeit oder wenn sie Urlaub haben, indem sie auf Ausstellungen oder Museen gehen. Freizeitbeschäftigung, Ausgleich, Show – alles ziemlich kraftlose Begriffe. Alle ziemlich leer, aber mächtig hochgepuscht.

Sinnlosigkeit überwinden

Aber was Künstler doch eigentlich wirklich ausmacht, ist doch, dass sie jeden Tag die Sinnlosigkeit von Kunst überwinden, an etwas arbeiten, dass sie sich selbst ausgedacht haben und das mit aller Kraft, die sie aufbringen können. Sich jeden Tag darüber hinwegsetzen, dass Sie etwas eigentlich Sinnloses machen und sich jeden Tag erfolgreich einreden, dass alles, was sie tun, einen Sinn hat. Entgegen aller Zweifel, entgegen der Angst und gegen das, was andere sagen. Und das wiederum steht doch mehr als alles andere für ungeheure Kraft.
Dass Kunst heute so in Verruf geraten ist, und ich mich als Künstler in gewisser Weiße weniger brauchbar als andere fühle, liegt doch daran, dass heute Dinge ausgestellt werden, und beim Wort "ausstellen", zeigt sich doch schon der erste Fehler, denn wie eine Kraft, und so definieren wir Kunst jetzt mal, als Kraft, wie kann also etwas Immaterielles wie eine Kraft ausgestellt werden?
Jedenfalls werden heute Dinge ausgestellt oder als Kunst verkauft werden , die spitzen wir es mal zu, doch eigentlich sinnlos sind, weil es im Extremfall nur um die Gefühle des Künstlers geht, an die er seine ganze Kraft „Kunst“ einfach sinnlos verschwendet hat, obwohl er damit doch Dinge tuen könnte, mit denen er sich am Ende nicht so wertlos fühlen und sinnlos vorkommen würde, wie jetzt.
Oft werde ich von meinen Kommilitone, meistens sind das Maler, gefragt, weil ich wegen meiner Vorstellung von Kunst Dinge mache, die nicht ihrem gängigen Bild von Kunst entsprechen, was ich denn später nach dem Studium mal machen möchte. „Kunst ja mit Sicherheit nicht“, meinen sie. Oft sind das Maler, die das Fragen und die glauben das eine Malerei auf Leinwand die einzig wahre Kunst sei. Meistens erzähle ich dann irgendwas von Journalismus, um sie in diesem Glauben zu lassen, dass ich später mal keine Kunst mehr machen will. Dabei bin ich mir sicher, dass in meiner Art von Kunst, in der Art, wie ich Kunst mache, die Zukunft liegt und ihre Art von Kunst irgendwann keinen Wert mehr haben wird. Es werden auch wieder schlechte Zeiten kommen und es wird nicht immer so viel Geld wie jetzt gerade für Kunst da sein, die bloß Deko ist.

Katastrophenschutz-Kunst

Ich sage nicht, dass meine Kunst  Katastrophenschutz-Kunst ist, aber meine Kunst ist eine, die Katastrophen gewahr ist, weil sie auf das Wesentliche reduziert ist, also nur auf die Kraft Kunst, die immer da sein wird, auch im Ausnahmezustand. Deshalb muss ich mal kurz allen Malern erwidern, fuck off, wenn ihr denkt, ich mache kein Kunst. Ich könnte auch malen wie ihr, aber ich bin halt dafür, alles unnötige wegzulassen, versteht ihr Schadstoffe zu reduzieren, so wenig Abfall, wie möglich zu produzieren.
Kunst darf niemals alles sein im Leben. Man darf sein Leben nicht der Kunst widmen, sowas geht im Grunde auch gar nicht, weil Kunst ja das ist, was einem im Leben antreibt, Kunst bedeutet zu ergründen, was einem im Leben antreibt und auf der anderen Seite ist Kunst gleichzeitig das, was man im Leben erreichen möchte. Diese beiden Pole, das ist Kunst, also etwas umspannendes, umfassendes, eine Ideologie.

👔 Kultusminister 👔

Und im Bezug auf Ideologie gilt für Kunst dasselbe, wie in der Politik, um auf Politik zurückzukommen: Kunstideologie kann etwas Weltumspannendes sein, wie ein Weltverbesserer-Gedanke, wobei sich da dann aber die Frage stellt, wie realistisch das zu erreichen ist oder wenn jeder  diese Ideologie nur auf sich bezieht, dann wird Kunst eben mehr ein Lifestyle, so wie bei mir: Ich glaube durch Kunst mich selbst optimieren zu können, oder strebe es zumindest an und ich glaube dass, wenn jeder sich mit Hilfe der Kunst selbst optimieren würde, die Welt ein besserer Ort werden würde. Also indem jeder einzelne durch die Kunst an sich selbst arbeiten, können alle zusammen, die dasselbe tuen, gemeinsam die Welt verändern.
Aber warum hadere ich denn dann noch so oft mit der Kunst? Zum Beispiel im Falle eines Terroranschlags? Weil wir alle noch immer in einem völlig falschen Kunstsystem gefangen sind, das noch immer einen völlig falschen Vorstellung von Kunst hinterherrennt. Deshalb wäre auch das erste, was ich als Künstler in der Politik tuen würde, dieses völlig falsche Kunstsystem zu ändern: Dies müsste bereits in der Schule anfangen. Der Kunstunterricht dürfte nicht weiter Beschäftigungstherapie sein, sondern es müsste viel militärischer zugehen. Es müsste knallhart gefragt werden: Wie sehen deine Träume aus und wie glaubst du sie erreichen zu können? 
Es sollte nicht mehr darum gehen, Malen und Zeichnen beizubringen, sondern zu ergründen, was einem im Leben antreibt. Nur darum geht es in der Kunst. Kunstunterricht in der Schule als „Anleitung zum besonders sein“.
In der Kunsttheorie in diesem Fach sollte es nicht um das Auswendiglernen von Künstlern, ihren Werken und den dazugehörigen Daten gehen, sondern, wie in der Geschichtswissenschaft, die nachträglich versucht, die Geschichte zu deuten, klären, was hinter dem Werk eines jeweiligen Künstlers steckt, was hinter dem Drang, Kunst zu schaffen, steckt und dies für das eigene Leben adaptieren. Versteht ihr was ich mit Ideologie meine? Kunst als Überbau oder Fundament allen Handelns: Ich würde sagen, alles was einen Menschen antreibt im Leben, das ist Kunst. Deshalb sollten in Zukunft statt Kunstwerken auch Lebensentwürfe ausgestellt und miteinander vergleichen werden."


Kunst hängt mit dem Glauben daran zusammen, etwas Besonders zu sein, dem Wunsch, besondere Dinge zu tun.
Doch auf das Erleben einer Krise, wie den Terroranschlägen in jüngster Zeit,  folgt die Einsicht, dass man mit Kunstwerken nichts in der Welt verändern kann. 
Künstler trifft das Gefühl, nutzlos zu sein, noch härter als alle anderen, weil Kunst die Entscheidung für ein besseres Leben ist. Weil sie sich von Kunst einst versprochen haben, mehr damit erreichen zu können als andere.
Doch dieser Glaube ist echt und diese Überzeugung ist – trotz aller Konfrontation mit der eigenen Machtlosigkeit – das einzig Untrügerische: Kunstwerke sind wirkungslos, nicht aber der Glaube des Künstlers an etwas Großes.
Warum also weiter Kunstwerke machen – außer für die Geld- und Show-Maschinerie?
Kunstwerke sind keine Kunst, sonder allein der Glaube an etwas Großes ist Kunst.
Das heißt: Wenn niemand mehr Kunstwerke macht, dann gibt es vielleicht auch bald keine Künstler mehr. Oder: Wenn Kunst der Glaube an etwas großes ist, der Gestaltungswille, der Glaube daran, etwas verändern zu können und die Kraft, das auch anzugehen, dann sind auf einmal vielleicht viel mehr Menschen Künstler...